
Eigenhändiges Testament: Unterschrift versus Überschrift
Ein Testament kann auch eigenhändig verfasst werden. Aber auch dabei müssen einige formale Anforderungen erfüllt sein, damit das Testament gültig ist. Eine zentrale Vorgabe ist, dass der Text unterschrieben sein muss. In einem gar nicht so absurden Fall hatte der Oberste Gerichtshof (OGH) zu klären, ob auch eine Überschrift eine Unterschrift sein kann (OGH 15.10.2024, 2 Ob 60/24y).
Der Fall: Ein Testament auf einem Briefumschlag
Der Erblasser hatte sein Testament auf die Rückseite eines Briefumschlags geschrieben. Seine Unterschrift setzte er jedoch aus Platzmangel nicht am Ende des Textes, sondern oberhalb des ersten Satzes. Um eine Verbindung zwischen Unterschrift und Text herzustellen, verwendete er ein spezielles Zeichen (%) sowohl neben seiner Unterschrift als auch am Ende des Textes. Die Frage war nun: Ist dieses Testament trotz der ungewöhnlichen Platzierung der Unterschrift gültig?
Was sagt das Gesetz?
Gemäß § 578 ABGB muss ein eigenhändiges Testament
- vollständig handschriftlich verfasst
- und eigenhändig unterschrieben sein.
Die Unterschrift dient dazu, das Testament abzuschließen und die Identität des Verfassers zu bestätigen. Nach der bisherigen Rechtsprechung muss die Unterschrift normalerweise am Ende des Textes stehen oder in einer solchen räumlichen Verbindung dazu, dass sie den Testamentstext „deckt“.
Die Entscheidung des Gerichts
Der OGH entschied, dass das Testament trotz der ungewöhnlichen Platzierung der Unterschrift gültig ist. Zwar stehe die Unterschrift formal nicht am Ende des Textes, aber die Verbindung durch das Zeichen (%) zeige klar, dass der Erblasser seine Unterschrift als Abschluss seines letzten Willens verstand.
Die entscheidenden Punkte des Urteils:
- Eine Unterschrift muss den Testamentstext abschließen, aber sie kann sich auch an anderer Stelle befinden, wenn sie in räumlicher Verbindung zum Text steht.
- Ein Verweisungszeichen kann ausreichen, um die Unterschrift als Abschluss kenntlich zu machen.
- Das Testament wurde als gültig anerkannt, weil es keinen Zweifel an der Identität des Verfassers oder an seinem Testierwillen gab.
Was bedeutet das für die Praxis?
Dieses Urteil zeigt, dass Gerichte auch pragmatische Lösungen finden, wenn Testamente nicht exakt den üblichen Formvorgaben entsprechen. Entscheidungen aus der Vergangenheit zeigen jedoch, dass man sich darauf nicht verlassen und alle Formvorschriften auf Punkt und Beistrich einhalten sollte. Wer sicher gehen will, sollte sich beim Aufsetzen eines Testaments rechtlich beraten lassen oder einen Rechtsanwalt/Notar mit der Errichtung eines fremdhändigen Testaments beauftragen. Der Experte kennt sowohl die Formvorschriften al auch die inhaltlichen Gestaltungsmöglichkeiten. Außerdem sorgt er für eine Registrierung und – wenn dies gewünscht wird – auch für eine sichere Verwahrung des Testaments.